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Kochen
Ingo hat permanenten Hunger. Wir fangen an zusammen zu kochen und ergänzen uns hervorragend.
Ich kann nicht kochen und er natürlich auch nicht.
Irgend etwas müssen wir aber kochen, also fangen wir an nach Sachen zu suchen, die uns beiden gut schmecken und die wir auch kochen können.
In der Mathematik nennt man das den kleinsten gemeinsamen Nenner und in der Mengenlehre, die ich noch in der Schule qualvoll erfahren habe, nennt man das Schnittmenge.
Unsere gemeinsame Schnittmenge definiert sich bald wie folgt, wobei Berufsköche, Gourmets und Hausfrauen nicht unbedingt von einer ausgewogenen Ernährung sprechen würden.
Es geht dabei aber auch nicht um eine ausgewogene Ernährung, sondern darum, mit den Kochkünsten eines ältlichen Singles den gigantischen Nahrungsbedarf eines Fünfzehnjährigen zu befriedigen.
Maultaschen in der Brühe.
Für die Nichtschwaben unter den Lesern, das sind so eine Art größere Tortellini oder Ravioli. Ein typisch schwäbisches Essen. Am ersten Tag gibt es das als eine Art Suppe und den Rest am nächsten Tag in Streifen geschnitten, gebraten und mit Ei überbacken. Dazu Salat, wobei hier das nächste Problem auftritt, denn ich kann keinen Salat anmachen. Zuerst aufkommende leichte Panik meinerseits, legt sich wieder, als wir gemeinsam im Supermarkt Unmengen von fertigen Dressingsoßen finden. Von da an macht Ingo immer den Salat an. Flasche auf, Soße drauf, Flasche zu. Fertig. Später schafft er es sogar die Maultaschen in der Brühe nicht anbrennen zu lassen.
Fischstäbchen mit Kartoffelbrei.
Ich mache die Fischstäbchen. Ingo unter Aufsicht den Kartoffelbrei, aus der Tüte natürlich, am liebsten den, wo nur noch Wasser dazu kommt. Wasser heiß, von der Kochstelle nehmen und Pulver einrühren. Fertig. Halt, noch abschmecken mit etwas Muskatnuss.
Bei den Fischstäbchen nehmen wir immer die große Packung mit fünfzehn Stück, denn dann bekomme ich noch ein paar ab.
Scholle gebraten mit Pellkartoffeln.
Ingo holt die Scholle. Kühlschrank auf. Scholle raus. Kühlschrank zu.
Den Rest mache ich dann.
Nürnberger Rostbratwürste.
Normalerweise werden die zusammen mit Sauerkraut serviert. Ingo mag aber kein Sauerkraut, als nehmen wir statt dessen Pommes. Abgeschmeckt wird das fertige Gericht mit etwas Maggi.
Damit es nicht ganz so trocken runtergewürgt werden muss, gibt es dazu Coca Cola bis zum Abwinken.
Putenschnitzel mit Pommes rot/weiß und Salat.
Ich mache die Putenschnitzel und die Pommes.
Ingo sorgt für rot/weiß, das Salatdressing (siehe oben) und dafür, dass nichts übrigbleibt.
Pizza Salami.
Aus der Tiefkühltruhe, im Holzofen vorgebacken natürlich, das ist die Beste, meint der heranwachsende Experte; außer der Pizza, welche die Oma immer selber macht, die ist noch viel besser.
Wenn es ganz schnell gehen muss oder der Kühlschrank bereits gähnende Leere aufweist, bleibt immer noch der Pizzadienst-Notruf.
Nach anfänglichem Zieren macht Ingo das dann selbst.
Die Telefonnummer weiß er bald auswendig und nach einiger Zeit kennt man ihn auch beim Pizzadienst.
„Hallo, ja, einmal die Nummer dreizehn, ja die große, die Familia, fünfundvierzig mal zwounddreißig Zentimeter, Backblechgröße.
Und mit dem Telefonhörer noch in der Hand dreht er sich dann zu mir und meint „und was willst du essen?“ Ich schüttle mit dem Kopf ob einer solchen Verfressenheit und er sagt in den Hörer „danke, das wäre alles, mein Vater hat keinen Hunger.“
Mein Beitrag bei der Pizzabestellung beschränkt sich auf die Annahme und Bezahlung der Lieferung, inklusive Trinkgeld für den Fahrer natürlich.
Für jede Bestellung im Gesamtwert von mindestens fünfundzwanzig Mark gibt es einen Gutschein. Für zehn Gutscheine gibt es eine Pizza mit zwounddreißig Zentimeter Durchmesser und vier Auflagen nach Wahl gratis.
Diese Pizza bekomme ich dann immer. So können auch Kinder ihre Eltern ernähren.
Es ist einfach unglaublich, was in ihn hineinpasst.
Nur wer selbst pubertierende Kinder, vor allem Jungs, erlebt hat, weiß was ich meine.
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