Frankfurt, am 5. März 2004

 

 

 

 

 

 

 

Danke

 

 

Spät ist wieder geworden, bis der Alltag seine Klauen von mir lässt.
Nur noch kurze Zeit und dann beginnt ein neuer Tag, doch mein Kopf ist noch voll von den Problemen des alten Tages, der in wenigen Minuten sterben wird.
Was habe ich heute eigentlich getan?
Was war so wichtig, dass es mich den ganzen Tag gekostet hat?
Was ist so wichtig, dass ich jetzt noch nicht Schlafen kann?

Du bist wichtig und ich habe heute keine Zeit für dich gehabt.
Du hast dich nicht beschwert, du machst mir deswegen keine Vorwürfe, aber dennoch habe ich ein schlechtes Gewissen.
Verzeih mir, du weißt das ist keine Absicht.
Einem Freund muss man nicht immer die Freundschaft versichern.
Ein Freund versteht.
Du verstehst.

Viele Freunde waren hier im Internet, um an deinem Geburtstag an dich zu denken.
Ich habe ihre Nachrichten gelesen. Aber ich hatte noch nicht die Kraft jedem von ihnen zu schreiben. Dennoch bin ich ihnen unendlich dankbar, dass sie an dich gedacht und die Zeit für ein Gedenken gefunden haben.
Denn nichts ist schlimmer als das stille Vergessen. Dieser schleichende Verlust an Erinnerung, die Selbstverständlichkeit eines leeren Platzes wo einst gelebtes, neugieriges Leben war.

Sicher werde ich es nicht schaffen all diesen Freunden, die meist wie ich um einen geliebten Menschen trauern, zu schreiben und jedem einzelnen Schicksal gerecht zu werden.
Dazu fehlt mir die Kraft und auch die Zeit. Und identische Briefe und Emails möchte ich nicht versenden, denn kein Schicksal ist die Kopie eines anderen.
Aber „Danke“ möchte ich sagen.
„Danke“ dass sie da waren.
„Danke“ dass sie deinen Geburtstag nicht vergessen haben.
„Danke“ für ihre Anteilnahme und die tröstenden Worte.

Auch an deinem Grab waren Menschen, haben dir Blumen gebracht, Kerzen angezündet und an dich gedacht.
Ich bin erst hingegangen als es schon dunkel war und ich sicher sein konnte, dass ich alleine sein kann.
Du weißt, ich kann nicht mit anderen Menschen zusammen an deinem Grab stehen.
Ich spüre ihre Unruhe, ihre Gedanken, ihre fragenden Blicke und habe das Gefühl sie erdrücken mich.
Allein mit dir vergeht die Zeit am schönsten, gefüllt mit Erinnerungen und Gefühlen.

An deinem Grab ist mir immer eine Melodie durch den Kopf gegangen und auch am nächsten Tag habe ich mich immer wieder dabei ertappt, dass ich diese Melodie leise vor mich hinsummte.
Dann kamen Worte dazu, Bruchstücke, Wortfetzen.
Dann ist mir der Titel wieder eingefallen und ich habe mehrere Stunden gebraucht um das Lied auf einer CD zu finden.
Das Lied heißt „Dear Friend“ und ist von George Michael und der Gruppe Queen.

Dear Friend

So dear friend your love has gone
only tears to dwell upon
I dare not say as the wind must blow
so a love is lost, a love is won
Go to sleep and dream again
Soon your hopes will rise and then
From all this gloom life can start anew
and there’ll be no crying soon

Ich dich liebetiger
Pass auf dich auf.