Wie es begann...

Als ich ihn zum ersten Mal sehe, hat man ihm die Augen zugeklebt. Mit einer dieser komischen Mullbinden, die aussehen wie Damenbinden mittlerer Größe ohne Flügel.
Er liegt in einem Inkubator unter ultraviolettem Licht, denn seine  Leukozytenwerte sind nicht in Ordnung und die Ärzte haben es nicht sofort bemerkt.
Vielleicht liegt das daran, dass gerade Karneval ist und die Ärzte sicher an andere Dinge denken, als an die Anzahl der Leukozyten bei einem Neugeborenen.
Wochen später darf ich ihn zum ersten Mal auf den Arm nehmen.
Da hatten ihn schon alle möglichen, mir völlig unbekannte Damen, auf den Armen getragen und an den Busen gedrückt. Mit viel Geschnatter und Getuschel und allen möglichen Vergleichen, wem der kleine, dünne Fratz wohl ähnlich sieht. Erst als er schon etwas abgegriffen ist und die Kleidung einiger seiner Vergewaltigerinnen erfolgreich mit körpereigenen Ausscheidungen und Sekreten versaut hat, gibt man ihn gnädig an mich weiter.
Zum ersten Mal halte ich ihn im Arm, ungeschickt aber fürchterlich stolz, wie er da fast verschwindet in meiner Armbeuge. Seine Augen sind offen, blau wie meine.
Er sieht mich wohl zum ersten Mal. Aber als ich leise seinen Namen sage, da ist es mir, als sei ein Erkennen oder Erinnern über sein kleines Gesicht gehuscht.