10. Mai 2000, 7:25 Uhr

Ein Lastwagen, grün, mit drei Achsen, groß wie ein Bus mitten auf der Kreuzung und in den senkrecht aufragenden Kühler eingeprägt wie ein Relief in einen Fels, ein Abdruck in der Form eines menschlichen Körpers.

Ingo’s Körper.

Ingo war auf dem Weg zur Schule.
Es war ein schöner Tag zum Motorrad fahren. Hell, schon warm und sonnig. Ingo fuhr mit Licht, er fuhr immer mit Licht, er machte das Licht schon an, bevor er die Maschine startete.
Er fuhr sicher mit Licht und er fuhr sicher auch nicht schnell. Er hatte Vorfahrt, war im Recht, aber es hat ihm nichts genützt.
Zwei Meter lang ist seine Bremsspur, er muss in letzter Sekunde noch wahrgenommen haben, dass der Lastwagen ihm die Vorfahrt nimmt.

Er hat noch reagiert, aber da war es schon zu spät.
Er ist mit dem Motorrad unter die Stoßstange des Lastwagens und mit Kopf und Oberkörper in den Kühler des Lastwagens geprallt. Wie eine Fliege an einer Windschutzscheibe hat es ihn beim Aufprall innerlich zerschmettert.
 Seinem geliebten Motorrad hat es den Rahmen, das Genick gebrochen, direkt hinter dem geplatzten Tank ist es fast im rechten Winkel abgeknickt.