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Petra
23.01.2003
unendlich tief traurig #: 37
Lieber Ingo,
............aus tiefsten Herzen kann ich Deine Gedanken und Gefühle
um die Trauer und den Schmerz nachvollziehen.
Ich wünsche Dir alle Kraft der Welt und lebbare Tage.
Fühl Dich umarmt von mir.
Petra

http://www.traenental.de
Rolf
23.01.2003
Danke #: 36
Viele Menschen sind in den letzten Tagen hier gewesen.

Alle sind sie bestürzt und traurig über das was geschehen ist.
Viele haben selbst erfahren müssen, wie es ist, wenn man ein Kind verliert.
Bei manchen ist das langsam geschehen, über viele Wochen und Monate, so wie wenn abends die Sonne untergeht.
Bei anderen von einer Sekunde auf die andere, unverhofft, wie das Erlöschen einer Kerze.
Es macht keinen Unterschied, denn in allen Fällen ist es danach dunkel.

Wir tappen vorsichtig durch dieses Dunkel, rufen leise zuerst „Hallo“, dann „wo bist du?“ und „wo seid ihr“?
Wir strecken die Arme aus und tasten nach einem Anhaltspunkt, nach einem Punkt wo wir uns festhalten können, der uns als Orientierung dient.
Manche finden diesen Punkt schnell, andere nie.
Aber alle kauern sich nach Einbruch der Dunkelheit hin, legen den Kopf in die Hände und weinen. Wir sind ratlos, rastlos und wissen doch nicht wohin.
Wir sind allein in dieser Dunkelheit und in Gedanken kehren wir immer wieder zurück in die Zeit als es noch hell war. Und weil es um uns dunkel ist, sehen wir die Erinnerungen viel besser als andere.
Ich denke man weint dabei nicht über das Vergangene, man weint nicht über die Erinnerungen; die tun nur weh.
Ich denke man weint über die Zukunft die man nicht mehr hat.
Man weint über das was nicht mehr sein kann, was nie mehr so sein wird wie es war.
Man weint über das „nie mehr“.
Und bei jedem Menschen ist es ein anderes „nie mehr“.
Aber allen tut es weh.
Es schmerzt, es brennt, es reißt, es zieht, es sticht, es würgt, es erstickt, es drückt, es erdrückt.
Dieses „nie mehr“ tut weh. Dieser Schmerz ist immer da. Mal stark, mal schwach.
Wir können ihn nicht vergessen, ignorieren oder unterdrücken.
Weil wir etwas von uns selbst verloren haben.
Weil uns etwas von uns fehlt.
Weil es uns ein Stück von uns selbst weggerissen hat.

Mir fällt dazu immer das Lied vom „guten Kameraden“ von Ludwig Uhland ein, mit dessen Text ich mich in der Schule so lange gequält habe. Der größte Teil des Textes ist in den vielen Jahren meines Lebens langsam geschmolzen, aber die folgenden Zeilen sind mir in Erinnerung geblieben:

Dich hat es weggerissen.
Du liegst zu meinen Füssen.
Als wärst ein Stück von mir.
....
Kann dir die Hand nicht geben,
bleib du im ew’gen Leben
mein guter Kamerad

Wir alle haben „gute Kameraden“ verloren und können ihnen die Hand nicht mehr geben. Deshalb strecken wir die Hände aus und tasten uns durch diese Dunkelheit auf der Suche nach einer anderen, warmen Hand. Manchmal nur für eine flüchtige Berührung, manchmal für einen festen, verstehenden Händedruck.
Manchmal ist es auch nur gut zu wissen, dass wir in dieser Dunkelheit nicht alleine ist.

Danke.
Danke an alle, die den Mut haben ihre Hände auszustrecken.
Karin und Franz
22.01.2003
#: 35
Diese Seiten haben uns sehr aufgewühlt. Unser Sohn verunglückte am 22.9.2002 tödlich mit seinem Motorrad.Wir können immernoch nicht fassen, daß es für immer so sein soll. Stille Grüße senden euch Karin und Franz
Bettina....Mama von Oli
22.01.2003
www.erinnerung-an-oliver-martin.de #: 34
Liebe Familie von Ingo,

Diese Seite ist sehr schön geworden die ihr für Ingo geschaffen habt.

Leider bleiben uns verwaiste Eltern nicht mehr all zu viele Möglichkeiten dazu.

Auch wir mussten erfahren wie es ist,wenn ein Kind...........daß liebste was man doch hat,vor einem gehen muss.
Unser Oli starb durch einen Verrückten und Sinnlosen Raser als Beifahrer seiner Freundin,als er starb ging ein großer Teil von mir,mit ihm.

Ich wünsche euch ganz viel Kraft und sende euch stille aber ganz liebe Grüße

Bettina mit Oli ganz dolle bei sich und den anderen an den Händen

http://www.erinnerung-an-oliver-martin.de
Christa
22.01.2003
#: 33
Lieber Ingo,
eine wunderschöne Homepage hat Dein Vater für Dich erstellt, voller Erinnerungen und Schmerz. Du warst so ein sympathischer und sportlicher junger Mann. Solltest auf Deiner Reise durch den Sternenhimmel einmal meinen Sohn Carsten treffen, grüß ihn von mir, ihr werdet Euch bestimmt gut verstehen.
Ich wünsche Deiner Familie ganz viel Kraft.
Stille und liebe Grüße Christa
Sanni
22.01.2003
Warum #: 32
Hallo, liebe Familie von Ingo.
Ich bin von "Leben ohne Dich" her herkommen.
Völlig erschüttert bin ich noch von der Geschichte...
Was für ein furchtbares Unglück.
Ich wünsche Euch alles erdenklich Liebe und sende Euch ganz viel Kraft das alles durchzustehen.

Ganz liebe Grüße und eine leise Umarmung
Sanni
Ursula
22.01.2003
#: 31
Lieber Rolf!

Meine einzige Tochter starb am 6.6.2000. Sie hat nach 3 Jahren ihren Kampf gegen den Krebs im Alter von 22 Jahren verloren.
Sie war alles für mich. Meine beste Freundin meine Familie.

Ich kann Deine Gefühle so nachempfinden. Die schlaflosen Nächte, die Träume das Gefühl der Hilflosigkeit. Die Erinnerungen, wenn ich kleine Mädchen sehe oder Mädchen in ihrem Alter. Es tut so weh.

Ich möchte Dir ein kleines Gedicht senden

Manchmal wollt ich fast verzagen
und ich dacht ich trug es nie
und ich hab es doch getragen
aber frag mich nur nicht wie

Ich wünsche Dir viel Kraft
liebe Grüße
Ursula
petra
21.01.2003
#: 30
Ein ganz vorsichtiges Hallo
bin durch LoD auf diese wunderschöne und liebevoll gestaltete HP von Deinem Sohn "Ingo" gekommen!
Weiß jetzt auch gar nicht ob ich mich dazwischendrängen darf!?
Aber ich habe Deine einträge gelesen und erkenne Deinen Schmerz, Deine Sehnsucht und Deine Liebe zu Deinem Sohn!
Man kann es auf dieser Seite wirklich fühlen!
Würde Dir gerne etwas tröstendes hinterlassen, doch Du weißt selber, dass dies nicht möglich ist!
Nur eines möchte ich Dir sagen:
Dein Sohn Ingo ist bestimmt mächtig stolz auf "seinen Papa" und die Gefühle, die Du durch Deine Briefe an ihn, zum Ausdruck bringst!

mit auch weinendem Herzen
petra
Papa
21.01.2003
Heute nacht #: 29
habe ich von dir geträumt.
Du hast ja jetzt bald Geburtstag und ich bin heute nacht schweißgebadet aufgewacht weil mir nichts eingefallen ist, was ich dir zum Geburtstag hätte schenken können.
Wenn du noch da wärst, hätte ich dieses Problem bestimmt nicht.
Dir würde schon einfallen wie du mir rechtzeitig durch die Blume sagen kannst, was auf deinem Wunschzettel ganz oben steht.
Oder du hättest mich unter einem Vorwand irgendwann mit in den Media-Markt geschleppt und dort genau vor dem Regal mit den Computerspielen eine Diskussion über die Vor- und Nachteile der besten Spiele begonnen.
Ich sehe dich noch genau vor mir, wie du langsam an den Regalen vorbeistreifst. Die Hände bis zu den Ellenbogen in den Hosentaschen. Den Kopf gesenkt, den Rücken leicht gekrümmt. Wie jemand der sich nicht entscheiden kann.
Dabei hattest du dich längst entschieden, du wußtest nur noch nicht genau wie du das mir klarmachen kannst.
Ich habe dich oft dabei beobachtet, während ich bei den CD's aus den 60iger und 70iger Jahren nach Schnäppchen kramte.
Meist habe ich nichts gefunden, du aber hattest immer die Qual der Wahl.

Ich vermisse unsere Ausflüge in den Media-Markt.
Ich vermisse unsere Abende und Nächte am Computer.
Ich vermisse unsere Fernseh- und Videoabende.
Ich vermisse unsere Diskussionen über Bayern München und die Adler.
Ich vermisse unsere Ausflüge, unsere Fahrten kreuz und quer über kleine Landstraßen.
Ich vermisse unsere Fussballspiele, deine Flanken, deine Schüsse auf's Tor, deinen Siegesschrei.
Ich vermisse unsere schöne Zeit beim Eishockey, die Begeisterung, die Stimmung, die Fans.
Ich vermisse unsere lustigen Wochenenden beim Rafting.
Ich vermisse deine angetrunkenen CocaCola-Flaschen in der Wohnung.
Ich vermisse deine angenagte Pizza im Mülleimer.
Ich vermisse deine getragenen Sportsocken in der Schublade.
Ich vermisse deine schmutzigen Sportschuhe in Kofferraum des Autos.
Ich vermisse deine Spuren im Badezimmer, das nasse Handtuch auf dem Boden, die offene Zahnpasta.
Ich vermisse dein Leben und deine Wärme.
Ich vermisse dich.
Du fehlst.
Du fehlst mir.
Du fehlst mir in meinem Leben. Es ist kalt geworden.

Die Sonne ist untergegangen.
Pass auf dich auf, dort hinter dem Horizont.

Ich denke an dich und "liebetiger"
Rolf
19.01.2003
Liebe Gaby, lieber Hajo, #: 28
vielen Dank für eure lieben Zeilen und eure Anteilnahme.

Seltsamerweise bin ich zuerst erschrocken, als ich eure Einträge sah.
Es ging mir wie Robinson Crusoe als er auf seiner einsamen Insel Freitags Fußabdruck im Sand fand.
Die ganze Zeit hoffend auf andere Menschen und leben in dem Bewusstsein, dass sie irgendwo da draußen in der Welt sind.
Und dann doch plötzliche Angst, wenn sie die eigene Insel betreten. Ich habe immer gehofft, dass dieser Tag einmal kommt, aber ich war nicht wirklich darauf vorbereitet. Kurze Zeit war da auch da das Gefühl, als hätte man mich bei etwas Verbotenem erwischt.
Seltsam, oder nicht?
Dieses Gefühl hatte ich zum letzten Mal in der Schule, als ich im Unterricht (kurz) eingeschlafen war.
Ziemlich weit hinten im Klassenzimmer saß ich da, den gesenkten Kopf mit der Stirn in die linke Hand gestützt damit man die geschlossenen Augen nicht sehen konnte und träumte vor mich hin.
Ich war glücklich, körperlos und leicht wie eine Feder und habe die Geräusche um mich herum nur ganz leise und aus der Ferne gehört.
Plötzlich hatte ich im Halbschlaf den Eindruck, dass irgendetwas nicht mehr stimmt, denn die Geräuschkulisse schien sich zu verändern. Ich konnte die Veränderung fast körperlich spüren und fühlte, dass diese Veränderung sich auf mich konzentrierte.
In meiner Sitzposition konnte ich nicht sehen was geschehen war oder gerade geschah. Ich sah nur das leere Blatt Papier und den Bleistift die vor mir auf dem Tisch lagen.
Ich begriff die Hilflosigkeit meiner Lage und tat dann etwas, was ich dann später in meinem Leben in ähnlichen Situationen auch tat.
Ohne meine Sitzposition zu verändern griff ich mir den Bleistift und fing an auf dem leeren Blatt wild und schnell zu schreiben. Erst als ich eine Seite ganz voll hatte schaute ich auf.
Direkt vor mir stand der Pauker, mein Klassenlehrer. Er musste da schon längerer Zeit gestanden haben. Alle Mitschüler starrten mich an und warteten wohl auf die damals für solche Vergehen übliche, körperliche Strafe.
Mein Klassenlehrer sah mich an und statt dieser Strafe schenkte er mir ein Lächeln.
Er schenkte mir das schönste, verständnisvolle Lächeln das ich bis dahin jemals gesehen hatte. Vor mir stand ein Mensch, der mich verstanden hatte. Niemals in den ganzen Schuljahren war ich ihm näher als in diesem Moment.
Dann drehte er sich wortlos um, ging zurück zu seinem Pult und setzte seinen Unterricht wie üblich fort.

Ihr habt mich beim Träumen erwischt, zum Schreiben gebracht und Ihr habt verstanden.
Dafür danke ich Euch.

Ich danke Euch für diesen kleinen Moment des Verstehens und der Gemeinsamkeit.
Ich danke Euch für Eure Menschlichkeit und Anteilnahme.

Rolf
Gaby
14.01.2003
Wie kann ich Sie trösten ? #: 27
Habe durch einen Freund von Ihren Schicksal gehört und habe mir Ihre Seite angesehen. Beim Lesen mußte ich weinen und auch ich spürte wieder den Schmerz, denn ich habe meine beste Freundin verloren und es vergeht kein Tag an dem ich nicht an sie denke.
Sicher hat der Schmerz mit den Jahren nach gelassen , aber in meinem Herzen habe ich sie immer bei mir und deshalb weiß ich wie Sie sich fühlen .
In meinen Gedanken möchte ich Sie in die Arme schließen und Ihnen dadurch Kraft geben.Es soll Ihnen helfen,zu wissen,daß es Menschen gibt,die dieses Leid mit Ihnen teilen möchten.
hajo
14.01.2003
#: 26
bin zufaellig bei einer recherche auf deine site gestossen. die hat mich echt betroffen gemacht und mich wachgeruettelt. auch ich habe einen sohn. er ist zwar erst 13 jahre alt, aber ich will ihm ein aehnliches schicksal ersparen.
ich bin immernoch ergriffen und kann fast keine worte fuer dieses schicksal finden. mein nachbar hatte auch einen sohn, der mit dem motorrad toedlich verunglueckte (unschuldig). und auch verwandte von mir verunglueckten toedlich mit motorraedern. deshalb durfte ich auch keinen motorradfuehrerschein machen. heute bin ich dankbar dafuer.
Papa
09.01.2003
Gestern #: 25
war ich bei dir am Grab.
Durch die Eiseskälte ist der Schnee steinhart gefroren. Die Kerzen auf dem Grab hatten sich richtige Trichter in den Schnee geschmolzen.
Bin lange da geblieben, bis mir die Kälte die Beine hoch kroch und die Zehen taub wurden.
Es war als würden durch die Kälte auch die Gedanken langsamer werden und schließlich einfrieren. Ich kann mich nicht mehr erinnern was ich gedacht habe, ich war einfach nur da.
Nah bei dir, sonst nichts. Gegangen bin ich erst als ein Mann kam und an einem Nachbargrab links von dir stehen blieb. Ich glaube er musste dort seine Frau begraben, gesehen habe ich ihn schon öfter, aber außer einem Kopfnicken gehen wir uns aus dem Weg. Er möchte wohl, genau wie ich, auf dem Friedhof alleine sein und seinen Erinnerungen nachhängen können.
Jede andere Person, egal wie nahe sie einem auch steht, stört dabei.

Ich war sehr nah bei dir, obwohl ich wieder das Gefühl hatte, dass du nicht mehr im Grab bist.
Du bist nicht mehr so real und greifbar wie ein Körper, sondern wie eine Stimmung, ein Gefühl, eine Empfindung. Nicht mehr wie etwas Festes, sondern wie Nebel, wie Regen oder Luft. Da, aber doch nicht da. Nicht sichtbar, wie elektrischer Strom, aber doch da wie man am Leuchten einer Lampe, die als Medium dient, sehen kann.
Weißt du wie ich meine? Ich denke du verstehst das besser wie ich.
Es macht den Schmerz in mir aber nicht erträglicher, die Frage nach dem WARUM nicht leiser.
Ich vermisse dich unendlich.
Wollte dann gestern dann noch zur Unfallstelle. Ich möchte dort ein kleines Holzkreuz aufstellen. Aber jemand hat mir gesagt, dass man dazu sicher eine Erlaubnis der Strassenverkehrsbehörde braucht. In Deutschland ist ja alles geregelt. Für die Behörde war es dann schon zu spät, Beamte gehen halt früher nach Hause.
Sie haben die Kreuzung an der du gestorben bist zu einem Kreisverkehr umgebaut. Hätten sie das nicht vor deinem Unfall machen können, dann wäre das alles nicht passiert.
Ja, was wäre wenn, das geht mir oft durch den Kopf. Wenn du keinen Führerschein gehabt hättest und ich dir kein Motorrad geschenkt hätte und du auf die andere Schule gegangen wärst und du an diesem Morgen verschlafen oder die Schule geschwänzt hättest, ja dann wäre das wohl nicht passiert.
Dann würden wir noch heute gemeinsam zum Eishockey und in Urlaub fahren. Wir würden gemeinsam Fussball spielen und über Bayern München diskutieren. Wir würden zusammen lachen und uns sicher auch manchmal streiten.
Dein Tod hat mein Leben verändert, mehr noch als deine Geburt.
Vor dir war nichts und nach dir kommt nichts mehr. ich weine jetzt und muss aufhören, denn ich kann den Bildschirm nicht mehr sehen.
Pass auf dich auf da wo du jetzt bist.
Ich dich liebetiger.
Papa
06.01.2003
Ein neues Jahr #: 24
und wieder ohne dich.
Den Jahreswechsel habe ich einigermaßen herumgebracht. Keine Raketen und Kracher wie sonst mit dir. Schon lange vor Mitternacht habe ich mich schlafen gelegt, warum sollte ich auch das neue Jahr begrüssen, wenn schon das alte so bescheiden war.
Letzte Woche war ich bei dir am Grab. Der starke Wind und der Regen hatten alle Kerzen ausgelöscht und ich habe eine ganze Schachtel Streichhölzer verbraucht um nur zwei davon wieder anzünden zu können.
Der Schmerz über deinen Tod kommt immer in Schüben, teilweise mitten im Gespräch mit anderen Menschen, die dann gar nicht wissen, warum es mir das Gesicht so verzerrt und ich den Kopf auf die Seite drehe.
Dass ich dir hier schreiben kann hilft mir. Es macht deinen sinnlosen Tod nicht ungeschehen, die Frage nach dem WARUM nicht stumm, aber es hilft mir das Weiterleben zu ermöglichen, wobei ich mich manchmal frage ob das einen Sinn macht.
Die Freude ist mit dir gegangen, du hast sie mit dir ins Grab genommen. Das ist sicher ungerecht gegenüber den Menschen die versuchen Normalität herzustellen und manche bemühen sich wirklich sehr darum. Doch ihr Verständnis ist ein Verständnis der Gedanken und nicht der Gefühle. Sie können deinen Tod verstehen, doch in ihnen ist nicht die Traurigkeit und der furchtbare Schmerz über das was nicht mehr sein kann.
Ich habe im Internet die Spuren von Menschen gefunden, die wie ich ruhelos herumirren auf der Suche nach einer Antwort. Die mir ihre Erinnerungen entgegenhalten und sagen: "da schau, so war's, das ist geschehen, ich kann es nicht verstehen, was wird aus mir, was soll ich jetzt noch, bitte hör mir zu und hilf mir, aber lass mich in Ruhe mit deinen guten Ratschlägen, denn du hast einfach keine Ahnung".
Ich denke helfen kann niemand, nur zuhören.
Ich komme mir vor wie ein Motorradfahrer dem es den Beiwagen abgerissen hat. Es hat mich aus der Kurve getragen, ich kann nicht mehr fahren wie vorher. Ich schlingere durch den Verkehr und jeder der mir entgegenkommt, zeigt mir den Vogel und hält mich für betrunken. Und die die wissen was los ist, verlieren irgendwann die Geduld mit mir, denn sie können nicht verstehen, dass das nie aufhört.

Ich habe kurz nach deinem Unfall mit der Sekretärin des Rektorats an deiner Schule telefoniert um die Adressen deiner Mitschüler zu erfahren. Als ich ihr sagte, wer ich bin und warum ich anrufe, da fing sie an zu weinen. Ich dachte zuerst sie weint weil ich irgendwas gesagt habe, das sie verletzt hat. Doch sie weinte weil sie 10 Jahre zuvor ihren Sohn bei einem Unfall verloren hatte.
Auf meine Frage, ob dieser Schmerz so lange anhält, antwortete sie mir;" Ja, es ist als wäre es heute gewesen. Ich habe noch zwei Kinder, zwei Mädchen, aber ich vermisse meinen Sohn und ich denke jeden Tag an ihn. Ich weiß, was Ihnen noch bevorsteht. Ich wünsche Ihnen viel Kraft, denn Sie werden sie brauchen".

Damals habe ich das nicht verstanden. Ja, damals. Heute weiß ich daß sie Recht hatte. Es hört nie auf.
Solange ich lebe. Und was dann kommt, das weißt du, aber ich noch nicht.

Pass auf dich auf und warte auf mich.
Ich vermisse dich und "liebetiger"

Dein Papa
Papa
02.01.2003
Hallo Tiger #: 23
heute ist dein großer Tag. Es ist wieder einmal so weit. Sechs Mannschaften spielen heute um deinen Pokal.
Die Organisation und Vorbereitungen sind mit viel Arbeit von vielen Menschen verbunden, die das alles freiwillig und für ihre Kinder tun. Ich tue es für dich. Denn sonst kann ich nichts mehr für dich tun.
Schade dass du nicht mehr dabei sein kannst, du würdest sicher auf deinem alten Platz stehen und eine Menge Spass haben. Mir fällt es manchmal schwer an diesem Ort, an dem wir zusammen so Vieles erlebt haben, andere Menschen glücklich zu sehen und ohne dich zu sein.
Ich ziehe mich dann auf unseren Platz zurück um ein etwas Abstand zu den Menschen zu bekommen und ein wenig zu Weinen.
Das werde ich auch heute tun. Auch wenn ich dich nicht sehen werde, so weiß ich doch dass du irgendwo da sein wirst.
Ich vermisse dich und ich dich 'liebetiger'.

Pass auf dich auf.
Wir sehen uns, bis später.
Papa
30.12.2002
Hallo Tiger #: 22
bin wieder da.
Kann schon wieder nicht schlafen. Fühle mich ganz kaputt. Kein Wunder wenn die Tage immer länger werden und die Nächte kürzer.
Wir hatten Besuch über die Feiertage. Gestern haben wir sie wieder zum Flughafen gebracht. War mal schön ein bisschen Abwechslung zu haben und über allerlei Belangloses zu reden.
Letzte Woche kam mir auf der Strasse ein Junge, vielleicht 12 Jahre alt, mit einem Fussball entgegen. Er hat mir den Ball über die Strasse zugespielt, genauso wie du das auch immer getan hast. Ich habe den Ball fast reflexartig angenommen, über die Schuhspitze auf den Spann auflaufen lassen und dann ein paarmal zwischen Knie und Spann hin- und hergespielt. Als ich ihm den Ball mit einem leichten Pass genau auf den Fuss wieder zurückspielte konnte ich das Erstaunen in seinem Gesicht sehen. Er nahm den Ball an, stellt den Fuss drauf und zeigte anerkennend mit dem rechten Daumen nach oben.
Da fing ich an zu weinen, wandte mich abrupt ab und lies ihn einfach stehen.
Er konnte ja nicht wissen, dass er mich an dich erinnerte und ich dich für einen kleinen Moment wieder gesehen hatte. Er konnte ja nicht wissen, dass ich auch einmal einen Sohn hatte der gerne und gut Fussball gespielt hat.
Jeden Tag denke ich an dich.
Wenn du mir nur sagen könntest wie es dir geht, dann würde ich mir vielleicht nicht so viele Gedanken machen.
Und wenn mir jemand die Frage beantworten könnte, warum es ausgerechnet dich getroffen hat. Warum war dir nur so ein kurzes Leben gegönnt ????????
Warum ????
Warum ????

Ich vermisse dich.
Du fehlst mir so sehr.
Ich liebe dich.

Ich dich auch "liebetiger"

Pass auf dich auf.
Papa
28.12.2002
Hallo Tigi #: 21
habe nur zwei Stunden geschlafen und schon ist für mich die Nacht wieder um. Es ist besser aufzustehen und mich mit dir zu unterhalten, als mich noch stundenlang ruhelos im Bett herum zu quälen.
Du fehlst mir sehr und ich vermisse dich unendlich.
Ich sehe andere Familien mit Kindern und andere Väter mit ihren Söhnen. Und ich starre die Söhne an und beobachte sie. Es ist für mich erschreckend, wie gleichgültig und wenig liebevoll viele Väter mit ihren Söhnen umgehen. Ich könnte manche davon schütteln denn kaum einem Vater ist bewusst wie vergänglich seine kleine Familie ist.
Gestern habe ich in der Zeitung von einem Vater gelesen, dessen 15-jährige Tochter von einem betrunkenen Autofahrer getötet wurde. Ein Jahr auf Bewährung, Führerscheinentzug und eine Geldstrafe von 3000 Euro hat er bekommen, obwohl es schon der zweite Unfall mit Todesfolge ist, den er im Rausch verursacht hat. Der Vater hat das Urteil angefochten. Ich kann ihn sehr gut verstehen und habe mir schon überlegt, ob ich ihm schreiben soll. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Verhandlung gegen den Lastwagenfahrer, der dich auf dem Gewissen hat. Zu sechs Monaten Führerscheinentzug und 4000 DM Geldstrafe ist er verurteilt worden. Er hat den Gerichtssaal als freier Mann mitsamt seinem Führerschein verlassen. Nichts hat sich für ihn geändert, aber auch gar nichts. Der Richter begründete das Urteil damit, dass man dem jungen Mann seine Zukunft nicht verbauen wollte. Deine Zukunft hat dabei keine Rolle gespielt, du warst nur das Opfer. Kein Wort des Bedauerns, keine Entschuldigung oder irgendein Versuch das Geschehene aktiv zu bewältigen. Er wusste noch nicht einmal deinen Namen und hat sich im Gerichtssaal auch noch seine eigene Wahrheit zusammengelogen.
Der nicht mehr existenten irdischen Gerechtigkeit ist mit der Hilfe seines Anwalts entkommen. Ich freue mich schon auf den Tag, wenn du ihn in die Finger bekommst. Ich hoffe dass das bald ist und ich es noch erlebe. Wenn nicht, dann werde ich mit dir zusammen auf ihn warten. Irgendwann wird er kommen. Je früher desto besser.

Eigentlich wollte ich darüber gar nicht mit dir reden. Eigentlich wollte ich dir nur sagen wie sehr ich dich vermisse und wie sehr sich mein Leben verändert hat, seit du nicht mehr da bist. Eigentlich wollte ich dir nur sagen, wie schön die Zeit mit dir war, wie sehr ich dich liebe.
Jeden Tag denke ich an dich. Jeden Tag treibt mir eine Erinnerung an dich salziges Wasser aus den Augen und schnürt mir die Kehle zu.
Du warst mir ein guter Sohn und mein bester Freund. Ich hätte dich so gerne noch ein bisschen bei mir gehabt.

Leb wohl und gib auf dich acht.

Bis bald.

Papa
26.12.2002
Ich denke an dich #: 20
Konnte mal wieder nicht schlafen.
Habe lange wachgelegen und an dich gedacht. Längst zurückliegende Dinge sind mir wieder eingefallen. Erinnerungen an Weihnachten als du noch ein kleiner Junge warst sind mir durch den Kopf gegangen und immer realer geworden. Dann wollte ich dich anfassen und durch die Haare streichen. Daran bin ich dann endgültig aufgewacht. Dann kam der Schmerz und und die Trauer und trieb mich aus dem Bett.
Ich war letzte Woche bei dir am Grab, aber das weist du ja. Seit dem Umzug ist es für mich schwieriger geworden dich zu besuchen, spontan geht das fast gar nicht mehr, dazu ist die Entfernung einfach zu gross. Aber weil du immer bei mir bist, ist das Grab nicht mehr so wichtig wie früher. Früher habe ich dich dort gesucht und das Gefühl gehabt, dass du dort irgendwo bist. Heute ist das Grab nur die Stelle wo ich dich zum letzten Mal gesehen habe, wo die Erinnerungen an das Geschehene besonders stark sind. Aber es ist nicht mehr der Ort wo ich dich suche. Ich habe dich bei mir, immer und überall. So wie jetzt auch.

Leb wohl und pass auf dich auf.

Fröhliche Weihnachten Tiger.
Papa
23.12.2002
Lieber Tiger #: 19
Jetzt wird es zum dritten Mal Weihnachten ohne dich.
Es ist für mich durch die Zeit nicht leichter geworden mit deinem Tod fertig zu werden. Mir fehlen immer noch die Fussballspiele und langen Fernsehabende mit dir. Auch die durchgemachten Nächte vor dem Computer vermisse ich sehr. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten vieles getan was mir selbst wichtig erschien.
Ich habe dabei aber gespürt dass andere Menschen das teilweise nicht verstehen können, oder auch nicht verstehen wollen. Der Tod ist ihnen unangenehm, sie wollen nicht darüber sprechen, es fehlen ihnen die Worte und sie wissen nicht wie sie mit mir umgehen sollen. Auch wissen sie keine wirkliche Antwort auf das \"Warum\".
Die meisten Menschen sind halt so, das kann man nicht ändern.
Aber ich habe über das Internet auch Menschen gefunden, die so denken wie ich. Menschen die nach dem Verlust ihrer Angehörigen und Freunde nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Ich treffe mich nachts mit ihnen, wenn ich mal wieder nicht schlafen kann weil der Schmerz zu groß wird und ich keine Luft mehr bekomme.
Ich treffe mich mit ihnen und ihren Toten im Internet. Sie stellen keine Fragen, sie haben auch keine Antworten. Aber sie verstehen was geschehen ist weil es ihnen selbst passiert ist.
Sie haben mir gezeigt, dass es falsch ist still zu sein. Sie haben mir gezeigt, dass man etwas tun muss um selbst weiterleben zu können.
Ich habe diese Internetseite aufgebaut und werde mich hier nachts mit dir und vielleicht auch anderen treffen.
Ich haben dir in den letzten Jahren viele Briefe geschrieben, aber ich habe sie nie abgeschickt, denn du hast keine Adresse, da wo du jetzt bist. Ich kann dir noch nicht einmal ein Email schicken. Ich kann dich auch nicht mehr in den Arm nehmen und dir sagen dass ich dich liebe.
Darum habe ich dir einen Platz im Internet eingerichtet. Ich habe ihm deinen Kosenamen gegeben, damit du ihn besser finden kannst.
Ich werde öfter nachts hier sein und an dich denken.

Pass auf dich auf da wo du jetzt bist.

Ich dich auch "liebetiger"
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